Unser Weg
Die kollektiv-kapitalistische Sklaverei.
Das heutige kapitalistische Wirtschaftssystem kennzeichnet sich durch eine Entwicklung, die vom Privat- zum Kollektivkapitalismus führte. Mit dem Abschluss des Weltkrieges setzte diese verschärft ein. Die Konzentration des Kapitals nahm gewaltige Dimensionen an und äußert sich in den riesigen Trusts und Industriekartellen, die die heutige kapitalistische Wirtschaftsweise charakterisieren. Wir befinden uns in dem Zustand, wo das Kapital durch die Industriekartelle und Trusts zum uneingeschränkten Monopolkapitalismus geworden ist, der alle kleineren Unternehmungen und wirtschaftlich schwächeren Betriebe erbarmungslos niedertrampelt. In Form der Quotenwirtschaft verschafft sich dieser Kapitalismus Einfluss auf den Markt und regelt nach seinem Beheben Produktion und Bedarf. Der Bedarf hört für diesen Kapitalismus da auf, wo in der Konsumentenschaft keine Geldmittel zur Abnahme der erzeugten Produkte zur Verfügung stehen. Dass durch die Rationalisierung die man einführte, um auf dem Weltmarkt konkurrenzfähig zu bleiben, die Millionenarmee der Erwerbslosen existiert und zwangsweise als Bedarfselement ausgeschaltet wird, kümmert diesen Kapitalismus gar nicht. Diese Massen sind in seine "Bedarfswirtschaft" nicht eingeschlossen. Dass sie in erzwungenen Müßiggang hineingepeitscht werden, zeigt die Absurdität dieses Wirtschaftslebens. Nur besonderer Gunst ist es zuzuschreiben, wenn heute noch jemand Arbeit hat oder welche bekommt. Für Millionen Arbeiter gibt es keine Arbeit mehr im Kapitalismus. Dieser Zustand drängt zu der großen Entscheidung - entweder Krieg um Absatzmärkte zur Aufrechterhaltung des Kapitalismus - oder Sozialismus. Die Binnenmärkte der Länder werden künstlich beengt, und dem Expansionsstreben des internationalen Kapitals sind durch das Erwachen der primitiveren, technisch rückständigen Völker Schranken gesetzt. Die Technik und der industrielle Aufbau halten ihren Einzug in China, Indien, Australien und Rußland. Die Unabhängigmachung dieser Welten vom europäischen und nordamerikanischen Export-Kapitalismus hält an. Nur mit Mühe und Not kann man dem immer mehr um sich greifenden Selbstbewußtsein dieser Völker einen Damm entgegensetzen. Was heute nur noch mit der brutalsten militärischen Gewalt aufrechtzuerhalten ist, wird morgen in Frage gestellt sein. Nur kriegerische Versuche und imperialistische Maßnahmen können jetzt für den Kapitalismus noch etwas retten. Aber er ist schon gewarnt und behindert durch die Entwicklung der Völker und sieht selbst keinen Ausweg mehr aus seiner Krise. Er ist unfähig, seine eigenen Gesetze meistern zu können. Wo sollen in Anbetracht dieser Verhältnisse noch Hoffnungen auf kapitalistische Konjunkturen bestehen?
Abwälzung der Krisenfolgen auf das Proletariat.
Die heutige Wirtschaftskrise ist eine Weltkrise. Sogar Amerika ist den Schlägen dieser Krise unterworfen. Nationale Belange spielen bei dem heutigen Kapitalismus nur noch eine ganz sekundäre Rolle. Die internationale Verständigung und Verflechtung des Kapitals macht rapide Fortschritte. Nationale Fragen gibt es nur noch beim Proletariat. Die Kartelle und Trusts greifen international ineinander über und finden im Proletariat keinen nennenswerten und ebenbürtigen organisatorischen Widerstand. Alle Probleme sind international geworden, und nur ein großer Teil der Arbeiter denkt noch national. Das Kapital organisiert international den Kampf um den Bestand seines Profitsystems. Dieser Kampf setzt sich über alle sozialen und politischen Errungenschaften hinweg und kennzeichnet sich durch einen ständigen Druck auf die Lebensexistenz und Grundlage der Arbeiterschaft. Im Angriff auf die sozialen Einrichtungen, im Abbau jeder materiellen Fürsorge durch den Staat sieht er das letzte Mittel, die Krise zu überwinden. Die Löhne werden endlos gedrosselt, die Arbeitsbedingungen total verschlechtert und der Mensch zur Maschine degradiert. Die Verelendung breiter Schichten des werktätigen Volkes in Deutschland steigt ins Unendliche. Verzweiflung erfaßt breite Massen der Werktätigen. Gleichgerichtete Entwicklungen gehen international, vor sich.
Die Pleite der Demokratie.
Hand in Hand mit dieser ökonomischen Wandlung geht die politische Reaktion. Die verschärfte Ausbeutung durch den Kapitalismus bedarf einer ihm genehmen Beherrschungsform. Seinem Wesen und seiner Entwicklung entsprechend muß sie heute monopolistisch, diktatorisch und faschistisch sein. Die demokratisch-parlamentarische Regierungsform war notwendig, um zu ihrer Zeit noch größeren politischen Gefahren zu steuern, die sich hätten aus der Revolution ergeben können. Sie war gut zu gebrauchen als Blitzableiter für die revolutionären Energien der Massen, aber heute hat diese Regierungsform für den Kapitalismus in Deutschland keinen Wert mehr. Er verlangt nach dem Mann mit der starken Hand, der durch ein Direktorium der Sachwalter der kapitalistischen Parasiten sein soll. Die Demokratie gibt keine Garantie für diese Politik. Sie läßt sich zu viel vom Volk mit hineinreden. Die demokratischen Regierungen gaben sich wohl alle Mühe, das Wohlwollen ihrer Herren Gebieter der Krautjunker und Schlotbarone, zu erlangen, sie erwiesen sich in jeder Beziehung als getreue Vasallen der Kapitalisten, aber den Kapitalisten genügt das nicht. Der Kurs muß noch viel besser werden, er beginnt da, wo man die Einmischung des Staates und der Öffentlichkeit in die Angelegenheiten des Kapitals vollständig aufhebt. Nieder mit den Betriebsräten, den von den reformistischen Bürokraten mitgetragenen Schlichtungsinstanzen und allen gesellschaftlichen Kontrollmöglichkeiten, Hervorkehrung eines absolutistischen Regierungssystems, das sind die hervorstechendsten Merkmale des Wollens der Wirtschaftsgewaltigen. Es handelt sich hierbei um eine internationale Entwicklung. Es ist kein Wunder, wenn aus diesem Grunde auch die faschistische Bewegung Deutschlands von der Industrie finanziert wird. In der faschistischen Bewegung schafft sich der Kapitalismus seine moderne Schutzgarde. Weniger das ist bedeutungsvoll, ob man Hitler oder sonst wen als kommenden Mann ausersehen hat - Interesse erweckt nur das Prinzip, das durch die rücksichtslose Ausschaltung und Beseitigung aller politischen Freiheiten ein geistiges und kulturelles Trümmerfeld errichten will. Wenn jeder freie Gedanke gedrosselt sein wird, wenn die Friedhofsstille der Meinungen da ist, dann wird nur die eine existieren, die einzig mögliche und geltende: die des Kapitals. Es gibt dann nur Befehle, die das Volk von oben herab entgegenzunehmen hat. Diesen Zustand will der von den enttäuschten und betrogenen Kleinbürgermassen genährte Faschismus, aus diesem Grunde hat er die Sympathie und Hilfe des Kapitals. Der Kampf der Arbeiterklasse gegen das Kapital ist heute der Kampf gegen den Faschismus. Die modernste Form der Reaktion, das heutige Regierungssystem im "noch" demokratischen Mäntelchen, muß bereits als ein faschisiertes angesprochen werden. Der Parlamentarismus hat in Deutschland ausgespielt. Es ist ja auch gar nicht anders denkbar, denn im Kapitalismus herrscht nicht irgendeine Staatsform, sondern es herrscht zu allen Zeiten das Kapital, das sich noch jeden Staat dienstbar und gefügig gemacht hat. Die Notverordnungen, die uns die Brüningregierung seit Ende 1930 beschert hat, sind Ausdruck des Faschismus. Die letzten und kärglichen Reste der Demokratie: die Rede und Pressefreiheit, das Recht der Koalition, sind fast außer Kraft gesetzt. Die Versammlungen der Arbeiterschaft werden durch Waffensuche und Bespitzelung systematisch beunruhigt, wie in alten Zeiten beaufsichtigen die "Pickelhauben" die Versammlungen und spähen mit Argusaugen, ob nicht durch irgendein Wort ein Grund zum Einschreiten und zur Auflösung der Versammlungen zu ergattern ist.
Wilhelm in Doorn fühlt sich ausgestochen, seine liberal-demokratischen Nachfolger machen ihn unnötig. Auf die durch die Notverordnungen eingeführte Arbeitsdienstpflicht soll nur andeutungsweise hingewiesen werden; dieser Kurs zeigt, wohin die Reise geht. Es soll eine absolute politische Entrechtung und Versklavung des werktätigen Volkes vorgenommen werden. Die Weimarer Verfassung ist aufgehoben. Es wird mit dem famosen Artikel 48 regiert. Was unterscheidet die Republik noch vom Faschismus?
Die SPD. - Schrittmacherin der Reaktion.
Die Reaktion auf allen Gebieten des gesellschaftlichen Lebens findet in der Arbeiterbewegung keinen nennenswerten Widerstand. Durch die sozialdemokratische Partei wird diesem Versklavungskurs schamlos das Wort geredet. Sie stützt jede, auch die reaktionärste Reichsregierung und ist für alle politischen und wirtschaftlichen Geschehnisse voll verantwortlich. Nur auf ihre tätige Mithilfe ist es zurückzuführen, wenn es allenthalben gelang, diesen Kurs widerstandslos durchzusetzen. Jede sozialistische Gesinnung mit ihren Konsequenzen ist bei dieser Partei vor die Hunde gegangen. Man kennt nur noch eine einzige Rücksichtnahme, von der man alle Entscheidungen abhängig macht: unbedingt und um jeden Preis den sogenannten politischen Einfluß zu halten die feige Angst um ihre Tausende von staatlichen Posten hat den Politikern der SPD. allen Verstand und alles proletarische Fühlen genommen. Übriggeblieben ist nur der Zustand, dass der kapitalistisch-bürgerliche Staat die Sozialdemokratie, nicht aber sie den Staat erobert hat. Die sozialdemokratischen Führer erweisen sich als die diensteifrigsten Lakaien der Herrscher von heute. Wie weit ihr Verbürgerlichungsprozeß schon vorgeschritten ist, das haben wir an der Bewilligung der Panzerkreuzer-Bauraten gesehen. Mit dem Maul sind sie für Völkerversöhnung und -Verständigung, in der Tat aber gute Militaristen, die in ihrer Endkonsequenz den Stahlhelmern und Hitlerianern in nichts nachstehen. Diese Panzerkreuzersozialisten haben es bis zum heutigen Tage verstanden, Millionen Arbeiter zu düpieren. Große Teile der Arbeiterschaft glauben noch daran, es hier mit einer Arbeiterpartei zu tun zu haben. Das ist nicht der Fall, die sozialdemokratische Partei ist der linke Flügel des Bürgertums. Sie kann ihrem ganzen Wesen nach nur Bürger, aber keine Arbeiter organisieren und gebrauchen. Es ist erfreulich, dass weite Kreise der Arbeiterschaft die sozialdemokratische Partei in ihrem Tun durchschaut haben und sich jetzt mit einem Ekelgefühl von ihr abwenden. Ihre Zusammenarbeit mit den Zentrumspfaffen ist ein Symptom, und die Arbeiter, die die Konsequenzen einer solchen Zusammenarbeit nicht sehen, sind wirklich zu bedauern. Die pfäffische Verdummungspolitik hat ihren Schrittmacher in der Sozialdemokratie gefunden. Arbeiter, seht ihr die Zusammenhänge? Kirche und Staat waren von jeher unsere Feinde, heute versucht man sie uns als "Helfer" und Freunde" schmackhaft zu machen!
Für die SPD. gibt es keinen Klassenkampf mehr. Der hat sich überlebt und überholt, seit man selbst an den Futterkrippen sitzt. Es gibt nur noch die alleinige Entscheidung aller Dinge durch den Stimmzettel, den man dann und wann einmal in ein Wahlklosett hineinträgt. Diese Politik hat unser Elend gezeitigt und hat unsere Versklavung im Gefolge. Dass Klassenfragen Macht- und Kampffragen sind, ist der Parteibürokratie ein Buch mit sieben Siegeln geworden. So hat sich denn das von der Sozialdemokratie vertretene Prinzip der Demokratie als vollständig untauglich für den Befreiungskampf des Proletariats erwiesen. Da, wo man die Ansätze einer sogenannten demokratischen Staatsform hatte, da fehlten die Demokraten, die zu ihrem Prinzip gestanden hätten. Uns genügt es, zu wissen dass die sich so nennenden Demokraten alle demokratischen Grundlagen in Deutschland aufgehoben haben. Verlangt die Sozialdemokratie, dass wir sie noch ernst nehmen?
Vollständiges Versagen der zentralistischen Gewerkschaften.
Die Koalitions- und Kompromißpolitik hat man in dieser Form auch auf die Gewerkschaftsbewegung übertragen. Die Zentralverbände aller Schattierungen unterstehen dem Einfluß der SPD. Sie gibt den Ton an. Dieser tönerne Koloß, diese Millionen organisierter Werktätiger haben sich in ihrer Organisation ein vollständig unbrauchbares Kampfmittel geschaffen, ein behäbiges, schwerfälliges, reaktionäres, von allen guten Geistern verlassenes Organisationsgefüge. Ihm fehlt die Lebendigkeit revolutionärer Energie und die notwendige Klassenkampffreudigkeit. In jedem Betrieb klingt es den neuanfangenden Kollegen in die Ohren: "Kollege, bist du schon organisiert?!" Daß man daraufhin auch einmal die Frage stellt und darüber nachdenkt, warum man sich denn eigentlich organisiert, das bringt die Zentralverbandsstrategen aus dem Häuschen. Es genügt eben, organisiert zu sein, und das große Heer der Nullen um eine weitere zu vermehren. Marschiere nur mit, Prolet weshalb, das wissen wir selber nicht. Wenn wir nur marschieren.
Die großen Zentralverbände sind lediglich Unterstützungseinrichtungen geworden. Man erzog sich eine Arbeitermentalität, die sich vollständig darin erschöpft, für den hineingesteckten Beitrag möglichst ebensoviel herauszuholen. Daß die wenigsten Geldmittel für Streik und Kampf ausgegeben werden, versteht sich von selbst. Für die Zentralverbandsstrategen gibt es nur noch "wilde Streiks"; bei diesen sind sie der Gefahr entrückt, sie finanzieren zu müssen. Wo soll man auch bei größeren Kämpfen die Geldmittel hernehmen, wenn sie in den mannigfaltigsten kapitalistischen Unternehmungen des Wirtschaftslebens stecken? - Die Grundaufgaben einer Gewerkschaftsbewegung Kampf um Lohnerhöhungen, Verbesserung der Arbeitsbedingungen, Abwehr aller Versuche, die Lebensexistenz des Volkes zu verschlechtern, werden nicht mehr erfüllt. Man konstatiert nur immerwährend neue und vollzogene Abbaumaßnahmen und findet sich kampflos damit ab. Das Wirtschaftsinteresse ist dem politischen unterstellt worden, auch für diese Fragen entscheidet letzten Endes die Sozialdemokratie, die auch hierin auf ihre politischen Partner der Gegenwart und der Zukunft Rücksicht nehmen muß. Sie will mit diesen Partnern und industriellen Scharfmachern die Krise überwinden, und dieser Weg geht über den Abbau aller sozialen und wirtschaftlichen "Errungenschaften". Wenn die Zentralgewerkschaften keine Kampforganisationen sind - Arbeiter, was wollt ihr in diesen Verbänden? Es steht ganz außer Zweifel, daß die Politik der SPD. und der Zentralgewerkschaften erst dem Faschismus und der Reaktion die Möglichkeit gegeben haben, sich entfalten zu können. Wo die reaktionären Kräfte keinen ernsten Widerstand finden, da können sie sich am besten entwickeln.
Die KPD. zeigt keinen Ausweg.
In Opposition zur Sozialdemokratie befindet sich die Kommunistische Partei. Mit dem Hinweis auf Sowjetrußland will man die Arbeiterschaft erfassen, um auch hier ein Sowjetdeutschland zu errichten. Wenngleich man seitens der KPD. jeden als "Konterrevolutionär" und "Feind" der Arbeiterklasse brandmarkt, der es wagt, nicht in den allgemeinen Chor der Bewunderung einzustimmen, so kann uns das auf keinen Fall hindern, die Dinge kritisch zu sehen. Rußland baut nach westeuropäischem Muster den Kapitalismus auf. Die Arbeiterschaft muß begreifen, daß Industrialisierung noch lange kein Sozialismus zu sein braucht. Industrialisierung und Technisierung haben erst dann etwas mit Sozialismus zu tun, wenn sie in den Dienst der gesellschaftlichen Bedürfnisbefriedigung gestellt werden. Zu diesem Zwecke muß man die Produktion auf die Bedürfnisse der arbeitenden Konsumenten, das heißt auf die des Volkes einstellen. Daß dem aber nicht so ist, davon zeugen die vorhandenen Zustände, die sogar einen Mangel an den elementarsten Lebensbedarfsdingen erkennen lassen. Die Rationierung der Lebensmittel zum Beispiel redet eine deutliche Sprache und erinnert uns an Zeiten, die wir noch zu gut im Gedächtnis haben. - Das russische Volk erhungert sich durch seine Primitivität die Industrialisierung! Das ist verkehrt. Eine Revolution, die nicht die Fragen der Sicherstellung der primitivsten Lebensbedürfnisse gelöst hat, ist keine Umwälzung von allzugroßer Bedeutung gewesen. Wir in Deutschland wollen uns bestens vor diesem russischen "Beispiel" bedanken.
Die kapitalistische Entwicklung Rußlands ist unzweideutig. Den Kommunismus hat man begraben und stellt sich auf rein kapitalistische Produktionsverhältnisse ein, die ganz besonders in der Wirtschaftsführung zum Ausdruck kommen. Der neueste durch Stalin vertretene Kurs rottet die letzten Reste einer kommunistischen Wirtschaftsführung aus und überträgt die Leitung der Betriebe der Einzelinitiative, der autoritären Betriebsführung. Die kollektive Führung der Wirtschaft durch die Arbeiter selbst wird abgeschafft. Die Räte, als Ausdruck dieser Kollektivität, werden dem Machtspruch des Betriebsleiters unterstellt, die Selbstverantwortlichkeit der Arbeiter in ihrem Werk wird völlig erschüttert. Es ist das gerade Gegenteil von dem, was den Kommunismus und das kollektivistische Prinzip ausmacht. Daß man zwischen qualifizierten und nichtqualifizierten Arbeitern unterscheidet, daß nach Leistung und nicht nach dem Grundsatz voller, ausgleichender sozialistischer Gerechtigkeit bezahlt, wird, daß überhaupt im Prinzip das Lohnklassensystem anerkannt wird, das zeigt uns Rußland als ein Land, welches vom Kommunismus weiter denn je entfernt ist. Daß Rußland keine Arbeitslosigkeit kennt, würde - wenn es der Fall sein sollte - noch gar nichts besagen; denn es ist ja nicht das Ziel der Arbeiter, nur Arbeit zu bekommen, sondern Arbeit unter Ausschluß der Lohnsklaverei. Arbeit kann man unter Umständen schließlich auch in jedem anderen kapitalistischen Lande finden, damit ist aber noch gar nichts gesagt. Wir haben als Arbeiter nur die Feststellung zu machen, daß in Rußland weder der Sozialismus noch der Kommunismus zu Hause ist.
Die Kommunistische Partei lebt und zehrt eigentlich nur von der Verherrlichung der russischen Zustände. Kritische Meinungen sind verpönt. Dessen ungeachtet könnten wir durch die Führung der KPD. bestenfalls nur die gleichen Zustände herbeiführen wie in "Sowjetrussland“. Daran kann uns nichts liegen, wir wollen weiter und mehr, zumal ja auch die deutschen Verhältnisse industriell viel entwickelter sind als die russischen. Weshalb aber die russischen Verhältnisse auf Deutschland Übertragen, wenn wir weitergehen können? In ihrer Endkonsequenz kann die KPD. nicht mehr schaffen als die SPD. Sie sind beide auf dem Boden einer Weltanschauung gewachsen und unterscheiden sich nur durch die Wahl ihrer Mittel, um die Herrschaft zu erringen. Und diese von der KPD. angewandten Mittel sind manchmal sehr zweideutig; mitunter, wie beim "Roten" Volksentscheid im August 1931 zur Auflösung des preußischen Landtages, grenzen sie an Perversität und Charakterlosigkeit. So wie die Sozialdemokraten als Panzerkreuzersozialisten, so haben wir die Kommunisten als Stahlhelmkommunisten kennengelernt. Mit solchen reaktionären Mitteln und Methoden haben klassenbewußte Arbeiter nichts zu tun. Die Klassenfronten sind geschieden, mit unseren größten Gegnern paktieren wir nicht, das erfordert unser Anstand, unsere Ehre und unser Klassenbewußtsein. Durch ihre blöde Taktik hat die KPD. der SPD. neues Wasser auf die Mühle geliefert, indem diese sagen kann, daß die KPD. gemeinsam mit der Reaktion marschiert. Die Abstimmungsergebnisse haben uns seinerzeit beim preußischen Volksentscheid mit erfreulicher Deutlichkeit gezeigt, daß weite Kreise der Massen des Proletariats der KPD. die Gefolgschaft versagt haben, weil sie mit dieser Einstellung nicht mitgehen konnten. Das ist ein Gesundungszeichen.
Die Internationale Arbeiter-Assoziation.
Die zweite und dritte Internationale haben Bankrott gemacht. Amsterdam und Moskau wirtschaften ab. Beide werden der Arbeiterschaft nicht die soziale Befreiung bringen, sie enden gegebenenfalls bei einer Staatseroberung, die neue Sklaverei, politische Entrechtung und Ausbeutung im Gefolge hat. Zum Staatskapitalismus kommt man. Können die Arbeiter daran ein Interesse haben? Nein! - wird sich jeder vorwärtsstrebende Arbeiter entscheiden. Das berechtigte Mißtrauen gegenüber den politischen Parteien und ihren Internationalen zwingt zu einem Anschluß an die vollkommen andersgeartete Internationale Arbeiter-Assoziation, die IAA., unter deren Banner das Proletariat sich sammeln muß, um einen wirksamen Kampf zu führen. Die Arbeiterschaft will heraus aus dem unsäglichen Zwang des Staatsapparates, sie will die Abschaffung aller Ausbeutung und Entrechtung, sie will den sozialen Aufstieg! Weg mit der gesamten Lohnsklaverei, auch wenn sie sich in noch so verbrämtem Gewande wieder einzunisten versucht!
Die IAA. ist die Fortsetzung der im Jahre 1864 von Arbeitern ins Leben gerufenen ersten Internationale. Im Jahre 1920 neu gegründet, steht sie genau wie ehedem auf dem fundamentalen Boden der wirtschaftlichen Solidarität der Arbeiter der Welt. Gegen die Staaten aller Länder propagiert sie die ökonomische Solidarität der Arbeiter und ist der Meinung, daß die zukünftige Verwaltung der Dinge das Werk der Arbeiter selbst sein muß unter Ausschluß des Staates. Die befreite und organisierte Arbeit wird den Staat ersetzen. Die Sektionen der Internationale und ihre Gewerkschaften werden die notwendige Verwaltungsarbeit übernehmen. Das war ein gesunder Standpunkt, der den politischen Karrieremachern das Wasser abgrub. Wenn sich die Arbeiterklasse insgesamt auf diesen Standpunkt konzentriert hätte, dann stünden wir heute besser da und brauchten uns nicht mit den Politikanten herumschlagen.
Hunderttausende Arbeiter marschieren bereits wieder unter dem Banner der wiedergeborenen ersten Internationale. Das spanische Proletariat, in der syndikalistischen "Confederacion Nacional del Trabajo" organisiert, kämpft gegen Kapitalismus und Staat und steht in einem ausgesprochenen Gegensatz zur zweiten und dritten Internationale. Die syndikalistischen Organisationen aller Länder stehen zur CNT. Sie muß durch das Beispiel ihrer Methoden und Kämpfe in Spanien die gesamte Arbeiterbewegung neu beleben. Besonders deshalb, weil hier mit allen revolutionären Mitteln gekämpft wird, die in den Arbeiterorganisationen der meisten Länder verpönt sind. In Spanien werden noch Generalstreiks geführt, wird die Sabotage als Kampfmittel in Anwendung gebracht, erlebt die passive Resistenz eine ihr gebührende Berücksichtigung. An unserer spanischen Organisation werden sich die spanischen Noskes die Zähne ausbeißen. So leicht wie in Deutschland wird es der dortigen Sozialdemokratie nicht gemacht werden. - Trotz aller Schwindeleien und Verleumdungen, die die Kommunistische Internationale über unsere spanischen Genossen verbreitet hat, kämpfen unsere Genossen und lassen sich nicht beirren.
In Deutschland ist die Internationale Arbeiter-Assoziation in der Freien Arbeiter-Union (Anarcho-Syndikalisten), verankert. Deutschland hat einen schweren und steinigen Boden für unsere Ideen, aber wenn man weiß, daß es keine andere Möglichkeit gibt, um zur sozialen Freiheit und Beseitigung der Ausbeutungswirtschaft zu kommen, dann erwächst uns die Aufgabe, Mahner und Rufer zu sein. Weite Kreise der Arbeiterschaft wenden sich mit Ekel und Abscheu von den Parteien ab, die sie bisher in einem fort betrogen haben. Verzweiflung und Indifferenz haben aber keinen Sinn, sie dienen nur dem Klassenfeind. Aus diesem Grunde rufen wir dich, Arbeiter. Hand- und Kopfarbeiter, denen es um den Sozialismus ernst ist, die ihr ihn nicht in den veralteten und verstaubten Parlamentsräumen begraben lassen wollt, ihr seid aufgefordert zum Eintritt in unsere Reihen. Die anarcho-syndikalistische Bewegung Deutschlands ist das Sammelbecken aller wirklich um Freiheit kämpfenden Arbeiter. Nur durch sie wird es möglich sein, Freiheit und Wohlstand für Alle zu schaffen. Sie betritt nicht die schlüpfrigen Pfade der Parlamentspolitik, und es liegt ihr auch nichts an Diktaturzuständen, einerlei in welcher Form und Farbe sie sich uns aufdrängen wollen. Prolet - entscheide dich!
Weg und Ziel der Freien Arbeiter-Union (Anarcho-Syndikalisten).
Die FAUD. (Anarcho-Syndikalisten) ist keine politische Partei. Gegen die Parteien organisiert und erfaßt sie die Arbeiter in ihrer Eigenschaft als Produzenten. Durch den revolutionären Wirtschaftskampf kämpft sich auch gleichzeitig für politische Forderungen und Notwendigkeiten. Sie ist wirtschaftlich-politisch gegen den Staat, die Regierungen und Parteien eingestellt und darum wirklich revolutionär.
Die organisatorische Grundlage der FAUD. (A.-S) kann darum nur eine ökonomische sein. Sie wurzelt in den Industrieföderationen oder Industrieorganisationen der Fabrik- und Landarbeiterschaft, diese wiederum in den Betrieben und Betriebsorganisationen der einzelnen Industrien. Dem Anarcho-Syndikalismus entsprechen diese und keine anderen Organisationsgruppierungen. Der Anarcho-Syndikalismus lebt durch diese organisatorische Grundlage seine ökonomischen, politischen und kulturellen Interessen. Die ideologischen Triebkräfte des Anarchismus sind beim Anarcho-Syndikalismus in den revolutionären Industrieföderationen verankert. Der Anarcho-Syndikalismus ist die Einheitsorganisation des Proletariats. Er fundiert in seiner Organisationsgrundlage - in den Industrieföderationen - die Geisteswelt des Anarcho-Syndikalismus. Auf dieser Grundlage schweißt er die materiellen und geistigen Interessen der Arbeiterklasse zusammen. Dies ist unsere Weltanschauung. Auf dieser Grundlage führt er den Tageskampf und auch den Kampf um die Zukunft - den freiheitlichen Sozialismus. Als Hilfsmittel, und um seinen Aufgaben gerecht zu werden, die darin bestehen, die Gesellschaft von Grund auf umzugestalten und auf der Basis der sozialen Gerechtigkeit zu organisieren, entwickelt er aus dem Schoße des revolutionären Land- und Industrieproletariats, aus den Industrieföderationen heraus, seine Arbeitsbörsenorgane, die lediglich die Vollstrecker des Willens des Proletariats selbst sind. Die Arbeitsbörsen als lokale Vereinigungen aller Arbeiter sind organisch entwickelt und gebunden durch und an die einzelnen Industrieföderationen, deren anarcho-syndikalistisches Wollen sie widerspiegeln.
Die Industrieorganisationen können nicht mit den bloßen Berufsorganisationen identifiziert und verwechselt werden. Denen gegenüber sind sie fortschrittlich und durchaus modern den Verhältnissen entsprechend eingestellt. Sie knüpfen an die Organisationsgruppierungen des heutigen Kapitalismus an, der sich in Industriekartellen und Industrietrusts zusammengeschlossen hat. Diesem Zustand entsprechend schafft der Anarcho-Syndikalismus durch die FAUD. (A.-S.) ebenbürtige Organisationsgruppierungen gegen den Kapitalismus, die die Aussicht haben, den Kampf gegen den Kapitalismus erfolgreich zu bestehen. Dies ist die organisatorische Linie, die die FAUD. (A.-S.) propagiert.
Auf dieser organisatorischen Grundlage wollen wir die Arbeiterschaft zum Klassenkampf herausfordern. Mit den Mitteln der direkten Aktion, das heißt des Eingreifens in den Gang der Dinge und Entwicklung, ohne an parlamentarische Gepflogenheiten gebunden zu sein, wollen wir zum Kampf für folgende Tages- und Zielforderungen aufrufen:
1. Kontrolle der Produktion durch die Arbeiterklasse;
2. Kampf um die Erweiterung der Macht der Betriebs- und Arbeiterräte, um sie zu Instrumenten der Kontrolle der Produktion und der Organisierung des Widerstandes der Arbeiterklasse gegen den Kapitalismus und die fortschreitende Faschisierung zu machen;
3. Organisierung des Kampfes der Arbeiterklasse gegen die Folgen der Rationalisierung durch Erringung des Sechsstundentages bei vollem Lohnausgleich und unter gleichzeitigem Einsatz aller Klassenkräfte für die Erhöhung der Arbeitslöhne - Herstellung der solidarischen, praktischen Einheitsfront zwischen Arbeitenden und Arbeitslosen ist die Vorbedingung dieser Kämpfe - nicht politische Schaumschlägerei und Machtpolitik diktaturlüsterner Politikanten, sondern nur praktische Zusammenarbeit der Gesamtarbeiterklasse ist der Ausweg;
4. Einheitslöhne als etappenweise lokal und industriell zu erkämpfendes Ziel;
5. Organisierung breiter Boykottbewegungen zur Unterstützung der Wirtschaftskämpfe und Einflußnahme der Arbeiterklasse auf die Preisgestaltung, um den Wirtschaftsaktionen sozialistischen Wert zu geben;
6. Organisierung von Mieterstreiks unter den Arbeitslosen;
7. Vorbereitung des Generalstreiks zur Überwindung des Kapitalismus und zur Niederschlagung der Reaktion;
8. Organisation der befreiten Arbeit aus den Betrieben, Werkstätten, Feldern und Industrien heraus, die in einem freien Rätesystem wurzeln muß.
Die freie, räteorganisierte Gesellschaft ist unser Ziel. Um sie kämpfen wir.
Für die freie Rätegesellschaft in einem freien Räte-Deutschland! Hinein in die FAUD.
Arbeiter, werde Mitglied!.
Quelle: syndikalismusforschung.info