Dienstag, 21. Juni 2016

Debatte: Schon immer Querdenker | Jüdische Allgemeine

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Debatte

Schon immer Querdenker

Der israelische Bibelexperte Amnon Shapira hält Anarchismus für eine jüdische Erfindung

16.06.2016 – von Yizhak AhrenYizhak Ahren

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Anarchie ist machbar – auch im Judentum.

© dpa

Finden sich in den
Schriften von Rabbiner Samson Raphael Hirsch (1808–1888), dem Begründer
der deutschen Neo-Orthodoxie, anarchistische Ansichten? Der israelische
Bibelexperte und Hochschullehrer Amnon Shapira (Jahrgang 1935) bejaht
diese Frage und dürfte damit viele »Hirschianer« garantiert überraschen.
In seiner solide ausgearbeiteten Studie Jewish Religious Anarchism über
den jüdisch-religiösen Anarchismus vertritt Shapira die These, es habe
von der biblischen Zeit bis zur Gegenwart im Judentum auch eine
anarchistische Strömung gegeben.

Um diese originelle Behauptung
zu beweisen, referiert der Autor zahlreiche Forschungsarbeiten und auch
eigene Untersuchungen. So hat noch niemand vor Amnon Shapira die
Toraauslegungen Rabbiner Hirschs mit der Ideenwelt des Anarchismus in
Verbindung gebracht.

Bibel Der
moderne Anarchismus, für den Namen wie Bakunin, Kropotkin und Proudhon
stehen, entstand erst im 19. Jahrhundert, aber er hatte zahlreiche
Vorläufer, die man nach ihrer jeweiligen Schwerpunktsetzung in einer
Typologie ordnen kann. Einer dieser Typen ist der religiöse Anarchismus,
den wir bereits in der Bibel an einigen Stellen sehen können. Diese
biblischen Passagen aufzuzählen und zu erläutern, würde den hier
gegebenen Rahmen sprengen. Shapira spricht sogar davon, der Anarchismus
sei in Wirklichkeit eine jüdische Erfindung!

Die unbestreitbare
Tatsache, dass in fast allen Gruppen der modernen anarchistischen
Bewegung relativ viele Juden aktiv waren, hängt nach der Auffassung
Shapiras damit zusammen, dass diese Leute sowohl eine bestimmte jüdische
Haltung zur Herrschaft als auch eine Wertschätzung der solidarischen
Gemeinde beibehalten haben. Es wird nicht verschwiegen, dass die meisten
dieser Anarchisten später als Kosmopoliten die Religion, die sie zum
Anarchismus geführt hatte, heftig bekämpften.

Welches sind die
zentralen Anliegen des religiösen Anarchismus? Zu nennen sind mehrere
Züge, die einander ergänzen: die Hochachtung autonomer Gemeinden, die
Gerechtigkeit und Gleichheit praktizieren; die Befürwortung einer
Dezentralisierung der Macht (Antimonarchismus); die Verschränkung von
Freiheit und Verantwortung, die eine Unterdrückung der sozial Schwachen
nicht zulässt. Shapira dokumentiert in seiner umfangreichen Monografie,
wie diese Prinzipien immer wieder in verschiedenen Variationen
hervorgehoben worden sind.

Rabbi Akiwa Die
Fülle des zusammengetragenen Materials ist beeindruckend, sogar
überwältigend. Der Leser lernt bekannte Gestalten wie zum Beispiel Rabbi
Akiwa (50–135), Don Yizhak Abrabanel (1437–1509), Rabbi Abraham Ibn
Ezra (1089–1164) und den Religionsphilosophen Salomon Ludwig Steinheim
(1789–1866) aus einer neuen Perspektive kennen, und er wird auch mit
Ideen von Denkern aus der zweiten Reihe vertraut gemacht, die bereits in
Vergessenheit geraten sind.

An mehreren Stellen des Buches ist
nicht zu übersehen, dass Shapira nicht nur als ein Distanz wahrender
Historiker schreibt; er ist offensichtlich in der Sache engagiert. Der
Autor, der seit Jahrzehnten in der national-religiös ausgerichteten
Siedlung »Kibbuz Tirat Zwi« lebt, sieht im religiösen Anarchismus etwas
Positives, das Wertschätzung verdient. Obwohl Shapira um die politischen
Gefahren des religiösen Anarchismus weiß, hofft er doch auf seine
Renaissance in der nahen Zukunft.

Weil Shapira seine
beachtenswerte Studie auf Hebräisch verfasste, werden viele
interessierte Anarchismusforscher in Europa und in Amerika sie nicht
studieren können. Um zumindest die Ergebnisse seiner Arbeit einem
breiteren Publikum zugänglich zu machen, hat der Autor das ausführliche
Inhaltsverzeichnis sowie auch eine Zusammenfassung seiner Thesen ins
Englische übersetzt. Damit kann eine internationale Diskussion über den
jüdisch-religiösen Anarchismus in Gang kommen.

Amnon Shapira: »Jewish Religious Anarchism«. University Ariel Press, Ariel 2015, 835 S., 120 NIS

Dienstag, 7. Juni 2016

Einordnung Rechtsextremismus in Dortmund - Drei Steine

Einordnung Rechtsextremismus in Dortmund - Drei Steine

FAU-Demo in Berlin – Spezialinfo

FAU-Demo in Berlin – Spezialinfo



FAU-Demo in Berlin

Anarchosyndikalistische
Gewerkschaft demonstriert  in der Hauptstadt gegen „Lohnraub“,
„Ausbeutung“, „Repression“ und „Union Busting“.

FAU-Demo in Berlin, 4.06.2016 / SpIn
FAU-Demo in Berlin, 4.06.2016 / SpIn
4.
Juni 2016 – Am Hackeschen Markt in Berlin stehen ein paar Polizisten.
Man weiß nicht genau ob sie wegen der laut feiernden Touris oder der
Demonstration der anarchosydikalistsichen Gewerkschaft, Freie
Arbeiterinnen- und Arbeiter-Union (FAU), vor Ort sind. Die Demo besteht
lediglich aus rund 50 Personen, die sich nicht besonders bemerkbar
machen. Aber die Gewerkschaft selbst ist nicht allzu groß, sie zählt
etwa 600 Mitglieder. Die FAU ist ein Ableger der spanischen
Basisgewerkschaft CNT, die nach dem Tod Francos wiedergegründet wurde.
Zudem sieht sie sich in der Tradition der Freien Arbeiter-Union
Deutschlands (FAUD), die 1933 von den Nationalsozialisten aufgelöst
wurde. Dem
Anarchosyndikalismus entsprechend, ist die Gewerkschaft 
basisdemokratisch und föderalistisch aufgebaut. Die Organisation erfolgt
mittels eines Delegiertensystems. Die FAU zielt darauf die Lebens- und
Arbeitsbedingungen zu verbessern und ihr übergeordnetes Ziel ist eine
herrschaftsfreie Gesellschaft. Diese Ziele sollen laut eigener
Beschreibung nicht über das Parlament erreicht werden, sondern durch
Streiks, Boykotte und direkte Aktionen.

Was
mit „Lohnraub“, „Ausbeutung“ und „Repression“ gemeint ist, dürfte klar
sein. So sei es laut FAU z. B. in der Gastronomie kein Einzelfall, wenn
das Gehalt nicht ausgezahlt würde. Für solche und ähnliche gestaltete
Fälle, setzt sich die Gewerkschaft ein. Ihre Mitglieder sind zufrieden.
„Die FAU hat mir schon bei vielen Arbeitsmarktkämpfen geholfen.“, sagt
ein Mitarbeiter der Deutschen Post. Das Helfen wird aber laut FAU immer
schwieriger. Der Grund ist das sogenannte „Union Busting“. Was ist damit
bloß gemeint? Die FAU beanstandet, Repressionen durch die Regierung
ausgesetzt zu sein. Es wird ihr z. B. untersagt, gegen bestimmte
Restaurants zu klagen. Und kleine Leute, können es sich nicht leisten zu
klagen. Das sei den „Bossen“, laut der Gewerkschaft, bewusst. Die
„Bosse“ sind sowieso für die FAU das Böse schlechthin. Am besten fände
sie eine Welt ohne Chefs, in der Arbeiter ihre Betriebe selbst leiten.
Vereinzelt hat es solche Projekte bereits gegeben (unabhängig von der
FAU). Flächendeckend ließe sich das schwer umsetzen. Dem müsste ein ganz
neues Bewusstsein vorausgehen.

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Donnerstag, 2. Juni 2016